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Purelink: Maintaining The Bliss

„Meistens suchen wir einfach einen Loop, den wir ewig hören könnten“, erklärt Akeem Asani, ein Drittel der Ambient-Techno-Koryphäen von Purelink. Dabei sitzt er in der Ecke des kleinen Studios der Band in Ridgewood, Queens, auf einem Hocker zwischen drei Gitarren und dem Schreibtisch, an dem sie die meiste Arbeit erledigen. „Manchmal fokussieren wir uns auf einen Loop, der sich unendlich anfühlt. Und ich glaube, es ist genau dieses Gefühl, nach dem wir immer wieder suchen.“
Während unseres Interviews öffnet Ben Paulson immer wieder Ableton-Sessions, um mir ein Plug-In zu zeigen oder eine Automatisierung vorzuführen. Eines der silbrig schillernden Stücke der Band weht wie ein Nebel aus einem Öldiffusor in den Raum und verlangsamt unser Gespräch von aufgeregtem, nerdigem Geplapper zu gemäßigterem, bedächtigeren Tempo. Als ich nach einem konkreten Beispiel für einen Loop frage, in den sie am liebsten einziehen würden, lächeln alle drei sofort und antworten beinahe im Chor: „Maintain The Bliss.“ Es ist der erste Track auf ihrer 2021 nur digital erschienenen EP „Bliss / Swivel“. Die drei bezeichnen ihn als den Song, der das Projekt Purelink voll und ganz auf den Punkt bringt.
„Maintain The Bliss“ ist ein irritierend dichtes Stück, dessen hauchzarte Pads und hallende Akzentnoten durch eine bebende, phasenverschobene Reihe von Shakern und Hi-Hats an ihrem Platz gehalten werden. Man muss es ein paar mal hören, damit man merkt, wie nach ein paar Minuten die subtilen Dröhn-Sounds durch das Delay-Feedback hindurch nach oben kommen. Und noch ein paar Mal mehr, damit man mitkriegt, wann sie sich auflösen. Der Track fühlt sich viel größer an als seine sieben Minuten, da er die Zeit wie ein Dolly-Zoom ausdehnt und zusammenzieht. Tommy Paslaski, das dritte Mitglied, erinnert sich an den Moment, als es klick machte: „Wir hatten zwei Rechner und ein paar Loops laufen, die wir cool fanden. Ich hatte die Idee, ganz absichtlich etwas hinzuzufügen, zum Beispiel einen Klavierakkord, und das hat funktioniert.“ Als alle Elemente an ihrem Platz waren, drückte die Band die Aufnahmetaste, lehnte sich zurück und ließ alles auf sich wirken. „Die Originalaufnahme war eine Stunde lang“, sagt Asani. „Es lief auch viel länger“, fügt Paulson hinzu. „Wir waren ungefähr 10 Stunden im Studio und dachten: ‚Ja, das ist geil.‘“

Drei Typen und ein Schreibtisch – Purelinks minimalistisches Setup
Abgesehen von den Gitarren neben Asani ist das Purelink-Studio bemerkenswert spärlich ausgestattet. Es gibt etwas Schalldämmung, einen großen Flatscreen, einen Arturia Keystep MIDI-Controller und zwei kleine Genelec-Lautsprecher. Paulson sitzt auf einem rollenden Bürostuhl und sowohl Asani als auch Paslaski haben ihre Laptops auf dem Schreibtisch vor sich geöffnet. Drei Rechner sind angeschlossen und laufen, was sowas wie Purelinks Standard-Modus ist. „Alles beginnt mit drei Computern“, sagt Asani, „und dann packen wir alles in eine Datei, aus der die Songstruktur entsteht.“ Der Raum vermittelt einem das Gefühl eines Vorzimmers, irgendwo zwischen Schlafzimmer und Wandschrank. Es ist eng, aber für New Yorker Verhältnisse groß. Als sie die Session für „Circle of Dust“, den Schlusstrack ihres neuen Albums Faith, starten, scheint der Raum größer zu werden.
*Erfordert Live 12 Suite.
Bitte beachte, dass dieses Live-Set und alle enthaltenen Samples ausschließlich für Bildungszwecke sowie zum Experimentieren bestimmt sind und nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden dürfen.
Der Name Purelink bezieht sich auf die Link-Funktion von Ableton, die ein lokales drahtloses Netzwerk verwendet, um Tempo und Phase über mehrere Apps und Geräte hinweg zu synchronisieren. Laut der Band ist das der Schlüssel für ihre Synergie, weil damit alle Mitglieder gleichzeitig, doch unabhängig voneinander als Teile des Kollektivs an Sachen arbeiten können. Als die drei in ihrer Heimatstadt Chicago anfingen, zusammen Musik zu machen, wurden bei ihren Sessions tendenziell beatlose, sich überlappende Drones in sanfte Ambient-Wellen überlagert. Schließlich suchten sie nach einem direkteren und kollaborativeren Ansatz. „Mit der Zeit haben wir uns zu fragen begonnen, wie wir unsere unterschiedlichen Stimmen zu einer verbinden können“, sagt Paslaski. Als sie das erste Mal als Einheit jammten, verbanden sie ihre Laptops über Link und waren überrascht, wie natürlich sich das anfühlte. Heute ist es der wichtigste Bestandteil ihrer Arbeitsstruktur, der erste Schritt beim Komponieren neuer Musik oder beim Planen von Live-Sets. Und obwohl sie die Transitions für ihre Shows vorher planen, sind die Gigs größtenteils improvisiert. Sie haben immer ein MIDI-Interface als Backup für Live-Auftritte dabei. Aber wie die drei nach einem schweißtreibenden Auftritt, der über einen Telefon-Hotspot lief, bestätigen können, funktioniert Link sogar mit einem äußerst schwachen Signal.
Sampling und Live-Dubbing spielen bei allen Purelink-Kompositionen eine große Rolle und im Laufe der Jahre hat die Band unintuitive Wege entdeckt, um Plug-Ins neue Sounds zu entlocken. Virtual DJ, eine leichte, aber leistungsstarke DJ-Software, ist zu einer tragenden Säule in ihrem Arsenal geworden. Es ist mit der Ableton Link-Funktion kompatibel, sodass es sich mit den Session-BPM synchronisiert und auf einer separaten Spur aufgenommen werden kann, ohne dass es manuell als VST geladen werden muss. „Man kann die Stems eines Songs splitten oder ganz einfach Drums daraus entfernen“, erklärt Paulson. „Es macht richtig Spaß, die Vocals von etwas zu isolieren, das keinen Gesang hat“, fügt Paslaski hinzu, „so bekommt man solche winzigen, nicht unterscheidbaren Fragmente.“ Im Laufe der Zeit haben sie eine ziemliche Vertrautheit mit ihren jeweiligen Techniken entwickelt und können dadurch beinahe telepathisch in verschiedene Rollen schlüpfen. Asani, der schon seit der High School Drummer ist, ist tendenziell derjenige, der die perkussiven Elemente von Purelink programmiert. Paulson spielt eventuell auch mal Streicher-Patches auf einem MIDI-Keyboard, aber im Grunde beschäftigen sich alle drei mit jeder Komponente ihres Sounds – Pads, Samples, Bass, Effekte.
Keiner von ihnen hatte erwartet, dass ihr Debütalbum „ Signs“ aus dem Jahr 2023 eine so durchschlagende Wirkung haben würde. Sie waren vor Kurzem nach New York umgesiedelt, wo die Szene für ihren hauchzarten, Minimal-Techno viel größer war als im Mittleren Westen. „ Signs “ wurde auf Peak Oil released, dem kleinen, aber einflussreichen Label aus Los Angeles, das von Brian Foote und Brion Brionson geführt wird. Es erntete schnell eine Menge Lob von Kritikern und machte die Band zu einer Art Botschafter von geschmackvollen Raves. Purelink machten einen plötzlichen Sprung von DIY-Shows in Kellern und DJ-Sets in kleinen Venues zu Festivalauftritten und internationalen Touren. Sie traten unter anderem als Vorgruppe für Künstler wie Astrid Sonne, Tirzah und Loraine James auf. Diese schwindelerregende und aufregende Phase inspirierte sie dazu, intensiv darüber nachzudenken, wie das Projekt im nächsten Schritt aussehen sollte. „Durch das Touren haben wir erkannt, welche Reichweite diese Musik über den Underground hinaus haben kann, zu dem wir uns zählten“, sinniert Paulson.
„Manchmal fokussieren wir uns auf einen Loop, der sich unendlich anfühlt. Und ich glaube, es ist genau dieses Gefühl, nach dem wir immer wieder suchen.“
Als es Zeit für ein Nachfolge-Album wurde, „fragten wir uns: ‚Was ist der nächste Schritt?‘ „Wir hätten einfach eine Platte machen können, die so ähnlich wie Signs klingt“, sagt Asani. „Wir hatten haufenweise Zeug, das wir letztendlich weggeworfen haben.“ Bei Faithwollte sich die Gruppe selbst herausfordern und einen Blick in die unerforschten Winkel jener Handschrift werfen, die sie selbst entwickelt hatten. Sie dachten an die unterschiedlichen Orte zurück, an denen sie gespielt hatten – Rockclubs, draußen im Wald, riesige Lagerhallen. „Bei In The Open im Norden des Staates New York haben wir direkt an einem Bach gespielt“, erinnert sich Paslaski. „Ich wollte die Druffis verarschen, indem ich diese knallharten Rocksounds gespielt habe“, wirft Paulson lachend dazwischen. Bei einer Show im Market Hotel in Brooklyn gab es unzählige technische Schwierigkeiten, Stichwort: instabile WLAN-Verbindung und schlechte Erdung. Und das hatte das bisher härteste Purelink-Set überhaupt zur Folge: Akzeptanz der mangelhaften Technik traf auf die Konkurrenz zu den anderen, eher beschewingten DJs, die dort auf Programm standen. Diese Elemente tauchen nicht unbedingt auf Faithauf, aber sie haben geholfen, die Vision der Band darüber zu erweitern, wie der Purelink-Sound klingen kann.
Faith ist genauso verträumt wie alle vorherigen Arbeiten von Purelink, wobei der Schwerpunkt vielleicht stärker auf der Verbindung des Organischen mit dem Technischen liegt. „Wir haben viele akustische Texturen gesampelt“, sagt Paulson, „während wir vorher eher mit digitalen Materialien gearbeitet haben.“ Auf der Platte erkennt man Gitarren, auch wenn sie gefiltert und mit einem Equalizer bearbeitet wurden, damit sie einen leicht fremdartigen Glanz kriegen. Bei „First Iota“ gibt es beispielsweise ein intermittierendes Klimpern, das sich wie von einem Magnet angezogene Metallspäne von selbst auf- und abzubauen scheint. „Wir wollten mal ausprobieren, ein Volkslied oder einen starken Country-Twang in unsere Welt zu integrieren“, sagt Asani.
Der Opener „Looked Me Right In The Eye“ bringt eine glasklarer digital flach gemachte Gitarre mit, die Alben von ML Buch oder Mk.gee ihre Färbung verleihen würde. Und unter all den Klicks und Cuts, den Teilen, die Asani als „unscharf und künstlich“ bezeichnet, liegt fast immer ein durchgezogener Ton, der ein harmonisches Zentrum bildet. „Ich denke oft daran, wie ich Cello übe und wie sehr mir das hilft, einen Bordunton unter alles zu legen, um die Intonation richtig hinzubekommen“, sagt Paslaski. „Es ist total schön, wenn man so einen gleichmäßigen, wenn auch subtilen, Ton drin hat. Er gibt allen Phrasen und Melodien einen Kontext.“
Es ist außerdem das erste Purelink-Album mit Vocals. Manche davon sind kaum als solche zu erkennen, wie zum Beispiel die stöhnenden Chöre im letzten Viertel von „Looked Me Right In The Eye“, aber in zwei Songs, „Rookie“ und „First Iota“, sind unverfälschte menschliche Stimmen zu hören, die im Mix deutlich hervortreten. Loraine James singt auf „Rookie“ mit verschlafener Stimme, auf der ein sanftes Reverb liegt. Angelina Nonaj, eine Internetfreundin von Paulson, steuert ganz nah am Mikro und komplett trocken eine desillusionierte Spoken-Word-Performance über die Alltäglichkeit des täglichen Lebens bei. Keins von beiden nimmt der Platte etwas von ihrem grundsätzlichen Drive weg, sondern verleiht dem Sound der Band eine neue Note.
Als ich nach dem Albumtitel frage, reagieren sie zunächst etwas verlegen. „Wir sind nicht unbedingt die Besten darin, Sache Namen zu geben, und wir sind auch nicht besonders konzeptionell“, sagt Paulson mit einem Lächeln. Asani lacht und fügt hinzu: „Ich würde sagen, das Konzeptionellste an uns ist, dass wir ein Trio sind.“ Aber kurz darauf erzählen sie die Entstehungsgeschichte. Ein Freund von ihnen hatte sein Album Trustgenannt, was Paulson neugierig machte. Daum schlug er Faithvor. Je länger sie sich damit beschäftigten, desto mehr Bedeutungsebenen begannen sich darin abzubilden. Darin steckt eine Art, dunklen Zeiten Positives abzugewinnen, eine Erinnerung daran, Risiken einzugehen und außerdem ist es eine Ergänzung zu ihrem vorherigen, ebenfalls mehrdeutigen Albumtitel Signs. Vor allem aber ist es eine Erinnerung daran, was die drei verbindet: „Wir glauben an die Musik“, sagt Asani. „Wir glauben an uns.“
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Text und Interview: Dash Lewis
Fotos: Patrick Woodling